venerdì, marzo 17, 2006

Brombeere

Wieder nichts. Langsam mache ich mir Sorgen.
Ich klingel noch einmal. Dann, endlich, höre ich ein leises Schlurfen hinter der Tür. Mittlerweile fällt mir beinahe die Hand ab, das Essen wird auf Dauer ganz schön schwer.
Es dauert noch ein Weilchen bis der Schlüssel im Schloss knarzt und Frau Berger mir lächelnd die Tür öffnet. Sie steht (wie jeden Tag) im rosanen Morgenrock vor mir, die Wangen passend zum Mantel, leicht gerötet.

Sie habe sich nur eben noch frischmachen wollen (ihre lilanen Haare hat sie wieder von ihrer Nachbarin auf Wickler drehen lassen), wenn schon so charmanter Besuch vorbei kommt. Ich grinse und bahne mir meinen Weg an ihr vorbei, durch den staubigen Flur in die riesengroße Küche. Seit ihr Mann gestorben ist wohnt Frau Berger hier ganz allein, erzählt sie mir (wie jeden Tag). Meine Finger sind mittlerweile schon genauso matschig wie der Kartoffelbrei. Endlich kann ich das Lamm im Kräutermantel auf dem abgenutzten Esstisch abstellen. "Heut gibt's Lamm, Frau Berger, das mögen sie doch? Soll ich's Ihnen gleich schneiden?" frage ich. Als die alte Dame endlich nachkommt schaut sie mich erst ungläubig an, als müsste sie erst überlegen was ich da überhaupt in ihrer Küche mache. Sie beginnt eine Melodie zu summen, tänzelt fröhlich ein paar Schritte und will wissen ob Lämmer genau wie Schafe "määääh" machen. Sie hält inne und dreht ihren Kopf in meine Richtung und lächelt. Als ich ihr offenbare, dass Lämmer im allgemeinen schon "määäh" machen, aber dieses hier bestimmt nicht mehr, bricht sie in schallendes Gelächter aus. Ich mag Frau Berger, wir haben denselben Humor.

Dass sie als Nachspeise lieber Brombeer- statt Erdbeerjogurt möchte unterstreicht Frau Berger mit einem verzückten "Brombeer, mmmmhhh lecker", ihre Augen leuchten, "den gabs früher immer".
Dann erzählt sie mir (wie jeden Tag) ihre Geschichte. Von Hans und Micha, ihren beiden Söhnen, die doch nur auf ihr Erbe scharf sind. Ich wäre ja ganz anders, so nett, hilfsbereit und vor allem charmant, eben so, wie sie es sich immer von ihren eigenen Kindern gewünscht hat.

Während sie mich mit Komplimenten bombardiert, versucht sie mir (wie jeden Tag) 20 Euro in die Hand zu drücken, was ich entrüstet ablehne. Ablehnen muss. Ist ja nicht so dass ich das Geld nicht brauchen könnte.
Die alte Dame wird nachdenklich, sie runzelt die Stirn, was sie bei ihrem sonst fast faltenfreien, schmalen Gesicht sehr ernst wirken lässt. Sie schürzt ihre Lippen zu einem V und tippelt sich mit dem Zeigefinger an die Unterlippe. Frau Berger denkt nach. Nach einer kurzen Weile entfährt ihr ein leises, aber bestimmtes "ha" und sie klopft mir mit der Spitze ihres Zeigefingers auf die Brust, wie das alte Leute gerne tun. Dann eröffnet sie mir ihren Plan.

Wenn sie mir schon kein Geld geben darf, läßt sie sich eben was anderes einfallen.
Ich soll ihr doch noch mal sagen, wie ich heiße, denn Namen hat sie sich noch nie gut merken können. Sogar ihr Mann hat sie früher deswegen aufgezogen.
Ich sage ihr also noch mal meinen Namen und sie notiert ihn umständlich auf einem gelben Zettelchen, das sie an die Küchentür klebt. Bevor ich mich wieder verabschiede richte ich der alten Dame das Essen auf ihrem eigenem Geschirr her und wir reden und lachen noch ein Weilchen über Gott und die Welt.

Im Hinausgehen werfe ich einen flüchtigen Blick auf das Zettelchen, das an der Küchentür klebt.

Brombeere,

steht da.

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